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Probleme in verteilten und multikulturellen Teams

Erstellt von Fabian vor 12 Jahren Letzter Beitrag vor 12 Jahren 3.673 Views
Fabian Themenstarter:in
1.985 Beiträge seit 2004
vor 12 Jahren
Probleme in verteilten und multikulturellen Teams

Hallo zusammen,

zum oben genannten Thema bin ich zurzeit auf der Suche nach Infos. Es geht mir nicht so sehr um die Richtung Projektmanagement, agile Methoden etc. pp. Dazu Infos sind natürlich auch gut. Ich möchte aber eher Kostenfaktoren wissen. Auch im Bereich outsouring / offshoring und das ganze Spektrum.

Warum gab es beispielsweise lange Zeit die Tendenz, alles möglich an Software nach Indien zu verlagern. Dieses Trend hat, sofern ich das richtig mitbekommen habe, (stark) nachgelassen. Genau in diese Richtung hätte ich gerne Infos und finde im Moment keine wirklich interessanten Quellen.

Hat dazu jemand etwas interessantes?

Grüße
Fabian

"Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erscheint." (Albert Einstein)

Gefangen im magischen Viereck zwischen studieren, schreiben, lehren und Ideen umsetzen…

Blog: www.fabiandeitelhoff.de

4.221 Beiträge seit 2005
vor 12 Jahren

Leider ist der Code aus Indien oft so wie deren Verkehrsverständnis

Indian traffic Jam - driving in India

Früher war ich unentschlossen, heute bin ich mir da nicht mehr so sicher...

C
2.121 Beiträge seit 2010
vor 12 Jahren

Manchmal übersieht man im Spar-Rausch eben Dinge die irgendwann dann doch offensichtlich werden.
Irgendwann kommt dem einen oder anderen Manager vielleicht die Erkenntnis, dass in den Ländern wo man Reibach machen will auch noch irgendjemand Geld verdienen sollte, um sich die Produkte leisten zu können.

War nur ne Meinung und keine Quelle 😉

C
1.214 Beiträge seit 2006
vor 12 Jahren

Also, in einer Firma wo ich gearbeitet habe, haben wir ein Projekt geoutsourced weil wir keine Erfahrung/Fachkenntnisse in dem Bereich hatten und auch keine deutsche Firma mit entsprechenden Kenntnissen gefunden haben, zumindest nicht zu einem Preis, wo das Projekt nicht ein Verlustgeschäft gewesen wäre.
Die Erfahrung war zweischneidig. Pauschale Aussagen mag ich generell nicht, und auch zu sagen, die Softwarequalität aus Indien wäre schlecht, ist daneben. Zumal die Softwarequalität (auch namhafter) deutscher Firmen sehr oft auch extrem zu wünchen übrig lässt, sowie generell die Fachkenntnisse der meisten Informatiker. Aber das ist ein anderes Thema.
Also, an der Qualität der Software gab es nichts zu meckern. Alle Anforderungen wurden erfüllt, der Code war sauber und gut wartbar und auch dokumentiert. Da es eine komplexe technische Software war, die sich abseits der üblichen 0815 Java/Ruby/.NET Anwendungen bewegt hat, wäre es nicht einfach gewesen, eine passende Firma in Deutschland zu finden, was uns ja eben auch nicht gelungen ist.
Als deutlich problematischer hat sich die Kommunikation herausgestellt. Die Anforderungen für den Kern der Software wurden mit einem Vertreter in Deutschland besprochen, der gut deutsch sprach und die auch richtig an das Entwicklerteam weitergegeben hat. Die ganzen Erweiterungen und Änderungswünsche wurden dann direkt mit den Entwicklern besprochen, und da gabs es schon deutliche Verständigungsprobleme. War nicht einfach, die Anforderungen verständlich zu vermitteln. Und auch die Dauer bis zur Implementierung der einzelnen Features war sehr lang. Es ging nicht, einfach mal auf die Schnelle eine kleine Änderung einzubauen, bis die Änderungswünsche bearbeitet wurden, sind jeweils Wochen oder Monate vergangen.
Ein Fazit gibt es hier meinerseits nicht. Aufpassen muss man auf jeden Fall, aber man kann Outsourcing auch auf jeden Fall in Erwägung ziehen.

Gelöschter Account
vor 12 Jahren

Meine alte Firma hats mal mit China probiert um ein Projekt weiter entwickeln zu lassen. Die haben den alten Code natürlich direkt geklaut und nochmal weiter verscherbelt was irgendwie allen Entwicklern im Vorfeld klar war. Nach Indien gehen nach wie vor viele Projekte aber eben selten kleinere und nicht aus Deutschland da deutsch dort kaum jemand spricht, sonst wären schon 90% aller Call Center dort. Deutschland hat im IT Bereich seine eigenen Outsourcing Länder, dazu gehören natürlich Polen aber auch Russland.

1.820 Beiträge seit 2005
vor 12 Jahren

Hallo!

In einer ehemaligen Firma sollte ebenfalls mal ein Projekt nach Indien ausgelagert werden. Dazu kamen zwei Vertreter der Firma nach Deutschland und haben hier dann 2 Monate in den lokalen teams gearbeitet, um die Funktionalität der Basiskomponenten zu erlernen. Die Verständigung ging einigermaßen, natürlich auf Englisch (insgesamt habe ich das Gefühl, dass die meisten Inder doch ein recht abgehaktes Englisch sprechen).
Leider musste die Zusammenarbeit letztendlich doch vorzeitig beendet werden, weil das Verständnis für die firmenintern entwickelten Basiskomponenten einfach nicht vermittelt werden konnte. Das lag zu einem gewissen Teil vermutlich auch daran, dass die Inder nicht ausreichend in die lokalen Teams integriert wurden. Und genau darin sehe ich einen oft unterschätzten Faktor für die erfolgreiche Auslagerung: Der Austausch von Informationen zum Verständnis auf der anderen Seite ist oft nicht entsprechend hoch.

Wenn sich mal jemand RUP (ich glaube von IBM) angeschaut hat, der weis, was man alles für ein Projekt an Informationen bereit stellen kann, und selbst das reiht nicht immer aus.
Selbst wenn man die multikulturelle Ebene weglässt und nur rein inländische Projekte wie z.B. Maut (TollCollect), Herkules oder die Vernetzung aller dt. Finanzämter betrachtet, sieht man die Probleme in Projekten.
Ob das nun an fehlenden oder mangelhaft dokumentierten Schnittstellen, an zu großen Projektteams, an zu vielen Beteiligten oder sonstigen Faktoren liegt: Sobald ein Projekt die interne Ebene verlässt, wird's problematisch.

Nobody is perfect. I'm sad, i'm not nobody 🙁

M
153 Beiträge seit 2010
vor 12 Jahren

Vor einigen Jahren habe ich die Entwicklung in Indien betreut und war auch schon ein paar Mal vor Ort. Pauschale Aussagen wegen der Codequalität kann man nicht treffen. Es hängt, wie immer, von den Entwicklern ab, die den Code schreiben. Und da gibt es in Indien dieselbse Qualitäts-Spannbreite wie in Deutschland.

Dass Outsourcing nicht in jedem Fall interessant ist, hat einen einfachen Grund: Bei weitem nicht jedes Projekt eignet sich dafür. Es muss zunächst einmal hervorragend spezifiziert sein; was nicht spezifziert ist bekommt man nicht, oder falsch umgesetzt. Dann müssen Spezifikation und Programm in englischer Sprache sein. Es gibt zwar Sprachprogramme bei den Dienstleistern in Indien, aber das sind eher Maßnahmen zur Kundenbindung. Das Projekt muss außerdem groß genug sein, damit sich der Aufwand zur Durchsprache der Spezifikation (am besten vor Ort), der Einarbeitung der dortigen Mitarbeiter und der Kontrolle lohnt. Weiterhin sind agile Prozesse schwieriger umzusetzen, nicht nur wegen des Zeitunterschieds, sondern auch wegen der Mentalität der Menschen in Indien; man kann von Entwicklern im Outsourcing natürlich nicht dieselbe Einsatzbereitschaft erwarten, wie von Kollegen im gleichen Unternehmen - Ausnahmen mögen diese Regel bestätigen. Oursourcing eignet sich auch nicht, wenn etwas schon gestern fertig sein sollte.

Neben diesen projektspezifischen Merkmalen gibt es noch den Kulturunterschied: Wenigstens in Indien ist der Mitarbeiterwechsel in den Gesellschaften recht hoch. Außerdem läuft in Indien praktisch alles anders ab. Man darf daher nicht erwarten, dass die Mitarbeiter dort Transferwissen in den Prozess einbringen können; unser Sozialwesen, die Gepflogenheiten des europäischen Geschäftsverkehrs und andere Dinge sind dort einfach unbekannt.

Rechnet man das alles zusammen, dann steht fest: Man muss schon sehr genau überlegen, ob sich Outsourcing lohnt - erst recht in kulturfremden und weit entfernten Ländern. Das soll nicht heißen, dass ich keine guten Erfahrungen damit gemacht hätte, aber der Trend geht einfach hin zu schneller, agiler Softwareentwicklung mit kurzen Releaseabständen - und genau da stößt Oursourcing an seine Grenzen.

N
6 Beiträge seit 2011
vor 12 Jahren

Als deutlich problematischer hat sich die Kommunikation herausgestellt. [...]

Das sehe ich ganz genauso! Falsche Kommunikation verschlingt ja bis zu 20 Prozent des Offshoring Aufwands (swiss IT bridge: Falsche Kommunikation verschlingt 20 Prozent des Offshoring Aufwands)

Dazu kamen zwei Vertreter der Firma nach Deutschland und haben hier dann 2 Monate in den lokalen teams gearbeitet, um die Funktionalität der Basiskomponenten zu erlernen. [...]

Stellt euch vor, wie es schlimmer wird, wenn diese 2 Inder nach der Dienstreise die Informationen an das Entwicklungsteam in Indien weitergeben.

Meiner Meinung nach gibt es eine Lösung dafür. Wenn das Projekt Controlling von Deutschen anstatt Indern gemacht würde, dann entstehen ja wenige Verständigungsprobleme.

Gelöschter Account
vor 12 Jahren

Eine wesentliche Erfahrung mit Indien habe ich in einem Projekt gemacht. Die extreme Personalfluktuation ist ein enormes Hindernis. Vor allem wenn es sich um wirklich komplexe dinge handelt, die längere Einarbeitungszeiten erfordert.

Eine andere Erfahrung, von der ich gehört habe, die mit Vietnam gemacht wurde, war, das eine Software mit beliebiger Komplexität, bis ins kleinste Detail spezifiziert sein muss, damit etwas verwertbares dabei herauskommt. Aber das ist Hörensagen. Soweit ich weiß gab es da insgesamt 3 Projekte wobei nur eines weit über dem Standard spezifiziert war.