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Ist der Ententest (Duck Test) ein überzeugendes oder ein wackeliges Argument?

Erstellt von herbivore vor 12 Jahren Letzter Beitrag vor 12 Jahren 5.777 Views
herbivore Themenstarter:in
49.485 Beiträge seit 2005
vor 12 Jahren
Ist der Ententest (Duck Test) ein überzeugendes oder ein wackeliges Argument?

Hallo Community,

ich lese im Forum und anderswo immer wieder mal den Spruch:

Sieht aus wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente, quakt wie eine Ente, dann ist es eine Ente

Ich habe den Eindruck, dass der jeweilige Autor damit meistens zu belegen versucht, dass etwas tatsächlich so ist, wie es zu sein scheint. Der Ententest (=Duck Test, nicht zu verwechseln mit Duck Typing) wird also zur Untermauerung einer Aussage herangezogen.

Ich habe den Ententest aber immer andersherum verstanden, nämlich als Notlösung, wenn man (ansonsten) keinen Beleg dafür hat, dass etwas tatsächlich so ist, wie es zu sein scheint. In meinen Augen schwächt die Berufung auf den Ententest eine Aussage also eher ab als dass sie die stützt. Der Ententest ist in meinen Augen eine wacklige Hilfskonstruktion, mit der man im schlimmsten Fall sogar kompletten Blödsinn "beweisen" kann (siehe auch im obigen Link den Abschnitt über Monty Python). Wer sich auf den Ententest, also auf den äußeren Anschein verlässt, ist - ich meine hier keinen persönlich - zu doof oder zu faul hinter die Kulissen zu blicken oder versucht wissentlich zu manipulieren.

Wie seht ihr das?

herbivore

276 Beiträge seit 2007
vor 12 Jahren

Hallo,

"Es ist nicht alles Gold was glänzt" schlägt in die gleiche Kerbe. Etwas kann glänzen, ist aber noch lange nichts gutes (Gold...in dem Fall).

Etwas kann aussehen, wie eine Ente (etc.) aber muss noch lange keine Ente sein.

Ich bin ebenfalls deiner Meinung, dass ein Ententest ein Strohhalm ist, an den man sich klammern kann, falls etwaige Argumente zu schwer zu beschaffen sind oder man sich für den Aufwand diese zu belegen zu schade ist.

Habe den Begriff zwar vorher gekannt, aber nicht so oft gehört muss ich ehrlich zugeben.

Gruss

Nitro

6.862 Beiträge seit 2003
vor 12 Jahren

Hallo,

ich sehs nicht ganz so wie du. Das Monty Python Beispiel macht schon beim ersten Vergleich meiner Meinung nach einen Fehler: "Hexe brennt gut, also aus Holz" - hier wird ein einziges Merkmal genutzt um zwei völlig unterschiedliche Objekte gleichzusetzen. Das reicht natürlich nicht aus.

Dein Zitat dagegen bezieht mehrere Merkmal ein und wenn man so arbeitet, kann es in der Tat sogar sinnvoll sein und sinnbildlich gesehen trifft man sowas täglich. Kunde spezifiziert Software und es soll die Anforderungen X, Y und Z erfüllen - Auftragnehmer liefert Software die X,Y und Z erfüllt. Wie die Software arbeitet ist nem unbedarften Kunden egal, hauptsache sie genügt seinen Anforderungen und dann ist das nichts anderes als der Ententest. Oder in der Systemtechnik - bei uns im Studium war ne beliebte Aufgabe: System XYZ mit folgenen Eingaben und folgenen Systemreaktionen ist gegeben - entwerfen sie das System XYZ. Die Ergebnissbewertung war dann nicht anderes als der Ententest - die Systeme konnten auf unterschiedlichste Weise realisiert werden - solange die Merkmale bezüglich Eingaben und Ausgaben stimmten - war das das gewünschte System.

Von daher halte ich diesen Ententest persönlich für ligitim. Ob man den Ententest als Beweismittel nutzen kann, hängt davon ab was man erwartet. Als Verallgemeinerungsmittel wie bei Monty Python kanns aber nur schief gehen.

Baka wa shinanakya naoranai.

Mein XING Profil.

276 Beiträge seit 2007
vor 12 Jahren

Hallo,

Wie die Software arbeitet ist nem unbedarften Kunden egal, hauptsache sie genügt seinen Anforderungen und dann ist das nichts anderes als der Ententest.

Das ändert dann jedoch nichts an der Tatsache, dass der Ententest oberflächlich ist. "Soll machen...Macht...gut". (So die Kundensicht)

Auf welche Art und Weise XYZ erreicht wird, bezieht der Ententest nicht mit ein. Ob das nun aus Bequemlichkeit (wie herbivore sagte) nicht geschieht oder weil das "Wie" einfach nicht eingefragt werden soll, sei dahingestellt. Die Oberflächlichkeit bleibt. Und ist somit für mich ein nicht weit genug reichender Beleg.

Gruss

nitro

6.862 Beiträge seit 2003
vor 12 Jahren

Ich hab auch nichts Gegenteiliges geschrieben - was ich sagen wollte, war einfach nur, dass es sehr viele Fälle gibt wo der Ententest vollkommen ausreicht um das gewünschte Ergebniss zu bekommen. In den Fällen ist der Ententest, um auf die direkte Frage im Threadtitel einzugehen, nicht ein wackliges Argument sondern ein unwiederlegbarer Beweis, dass das was ich kriege, das ist was ich wollte.

Die eigentliche Frage müsste meiner Meinung nach eher sein, wann ist der Ententest anwendbar um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen. Und da stimmt ich mit euch überein, dass es nur bestimmte Situationen gibt und man ihn nicht immer im allgemeinen als gültiges Argument anbringen kann. Grad das Monty Python Beispiel ist eins, wo deutlich wird, wie falsch man das anwenden kann.

Baka wa shinanakya naoranai.

Mein XING Profil.

26 Beiträge seit 2011
vor 12 Jahren

vor allem im bereich software ist es doch so, solang das programm das tut was ich will isses den meisten usern egal wie es dazu kommt.

so ganz nach dem motto es sieht aus wie ein gutes programm, es läuft wie ein gutes programm, also ist es ein gutes programm ^^

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1.130 Beiträge seit 2007
vor 12 Jahren

Eigendlich machen wie menschen dauernd bloß "ententests". Nur dass wir dabei wesentlich mehr merkmale beachten, sodass die sicherheit deutlich steigt, aber wann kann man sich jemals einer sache 100% und nicht nur 99,99% sicher sein? Es gibt einfach keine absolut sichere möglichkeit etwas zu erkennen.

Projekte:Jade, HttpSaver
Zum Rechtschreiben gibts doch schon die Politiker. Aber die bauen auch nur mist!

Gelöschter Account
vor 12 Jahren

"Sie haben mich befreit Mr.Anderson, hier stehe ich nun vor ihnen, dem Anschein nach frei, ein neuer Mann könnnte man sagen .... Aaaaber wie wir wissen kann der Schein manchmal trügen..."

Natürlich ist es unsicher einen "Umstand" anhand seiner äusserlichen Merkmale oder Verhaltensweisen zu beurteilen, ich denke das bedarf hier keiner weiteren Ausführung. Dahinter steht, Bequemlichkeit, Zeitdruck oder anderes. herbivore hat die Frage mit dem Context hier stattfindener Diskussionen gestellt aber natürlich kann man einen solchen Ententest auch in einen anderen relevanten Context bringen. Programme mit ausgefeilter Entscheidungslogik die mit Näherungswerten/Unschärfen(Fuzzy-Logik) arbeiten wären ein solcher Context.
Als Untermauerung einer Argumentation ist es, sofern der Fall nicht offensichtlich ist und das Gegenüber es nur nicht wahrnehmen möchte, natürlich nicht zufriedenstellend.

herbivore Themenstarter:in
49.485 Beiträge seit 2005
vor 12 Jahren

Hallo zusammen,

auf Software im speziellen habe ich die Frage in der Tat nicht bezogen. Wenn man das täte, würde man irgendwie bei dem Unterschied zwischen Black- und White-Box-Test landen. Und da käme man nicht mehr so recht weiter, weil natürlich beide ihre Berechtigung haben.

Mir ging es eher um den Argumentationsstil in Diskussionen, hier im Forum und anderswo. Noch konkreter ging es mir darum, wenn irgendwann der o.g. Spruch in die Diskussion eingebracht und als Untermauerung verwendet wird. Und meine These ist, dass der Spruch das Argument eher aufweicht als festigt.

Ein typischer Ententest-Fehlschluss mit Programmierbezug wäre z.B., wenn man bei Strings nur auf das Verhalten schaut und daraus schließt, dass Strings Werttypen sind (was regelmäßig genauso gerne wie fälschlich behauptet wird). Ein String sieht aus wie ein Werttyp, schwimmt wie einen Werttyp, quakt wie einen Werttyp, dann ist es ein Werttyp. Siehe [FAQ] Besonderheiten der String-Klasse (immutabler Referenztyp mit Wertsemantik). Das ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass der Ententest eben nicht immer zum richtigen Ergebnis führt und deshalb der o.g. Spruch, so er denn kommt, kein Beleg und keine Untermauerung ist, dass das Argument stimmt. Es zeigt im Gegenteil, dass man nicht zum Kern der Sache vordringen konnte oder wollte.

Dafür wollte ich das Bewusstsein schärfen, und vielleicht auch den einen oder anderen davon abhalten, sich in einer Diskussion auf die vermeidliche und trügerische Kraft des Spruchs zu stützen.

herbivore

71 Beiträge seit 2008
vor 12 Jahren

Ein wackeliges Argument.

Sieht aus wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente, quakt wie eine Ente, dann ist es eine Ente

Diese Schlussfolgerung entsteht anhand von Vergleichen zu der geistigen Representation, was der Argumentierende unter einer Ente versteht. Durch gezielte Fragen kann man mit Hilfe der Antworten beurteilen ob die Behauptung nützlich oder eventuell eine Lüge ist z.B.:

Welche Erfahrugen hast du mit Enten gehabt? Echte Beobachtungen oder aus dem Fernsehen?
Wie schmeckt eine Ente? Selbst zubereitet? Wie?
Welche Vögel haben eine Ähnlichkeit mit Enten?
usw.